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Ihre Rechte

Sie müssen Beleidigungen, Bedrohungen und Hetze nicht hinnehmen – ein Überblick über Ihre Rechte.


Reichweite der Meinungsfreiheit

Bei der Einschätzung Ihrer Rechte geht es auch darum, die Rechte der Gegenseite zu kennen. Gerade das Recht auf freie Meinungsäußerung ist hier zentral, weil sich Personen, die Konfrontation suchen, darauf gern berufen. Meinungsfreiheit ist in Deutschland in Artikel 5 des Grundgesetzes verankert. Dort heißt es: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.“ Die Meinungsfreiheit wird von unserer Verfassung als sehr wichtig eingestuft und deckt daher erst einmal relativ viele Aussagen ab. Somit sind auch Meinungen geschützt, die von den Vorstellungen der Mehrheit abweichen, egal ob sie geistreich und durchdacht, simpel oder sogar völlig unreflektiert und unverschämt sind. Bloße Unhöflichkeit oder polemische Formulierungen sind somit zulässig. Dieses Recht gilt für die – häufig anonymen – Meinungsäußerungen im Internet wie auch in der realen Welt. Die Äußerung einer Meinung darf allerdings verboten werden, wenn dadurch die Menschenwürde oder das Persönlichkeitsrecht Dritter angegriffen werden.

Das Bundesverfassungsgericht, dem bislang in Äußerungsdelikten eine Haltung pro Meinungsfreiheit nachgesagt wurde, hat 2020 einen Kriterienkatalog für die Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht formuliert. Darin wird erstmals auf die Breitenwirkung von Hasskommentaren in den sozialen Medien eingegangen. Das Bundesverfassungsgericht hebt in dem Katalog explizit den Schutz von Lokalpolitikern hervor: „Einem Bundesminister gegenüber können insoweit härtere Äußerungen zuzumuten sein als etwa einem Lokalpolitiker (…). Denn eine Bereitschaft zur Mitwirkung in Staat und Gesellschaft kann nur erwartet werden, wenn für diejenigen, die sich engagieren und öffentlich einbringen, ein hinreichender Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte gewährleistet ist.“ (Vgl. BVerfG, Beschluss der Zweiten Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2020, 1 BvR 2397/19 , Rn. 1–46). Im April 2021 ist ein neues Gesetzespaket gegen Hass und Hetze in Kraft getreten, dass Betroffene von Hasskriminalität besser schützen soll. Darin wird unter anderem die Strafverfolgung von Beleidigungen in den sozialen Medien erleichtert.

Strafverschärfungen bei Hass und Hetze

Das geltende Strafrecht knüpft die Strafbarkeit stets an Handlungen. Gedanken, Überzeugungen und Meinungen können für sich genommen nicht strafrechtlich relevant sein, sind somit straffrei. Gemäß dem Grundsatz „keine Strafe ohne Gesetz“ (Artikel 103 Absatz 2 Grundgesetz) ist für eine Strafbarkeit erforderlich, dass sämtliche Tatbestands- und Strafbarkeitsvoraussetzungen vorliegen. Deshalb bedarf es generell einer genauen Betrachtung des Einzelfalls. Damit Täter/innen die rechtlichen Konsequenzen ihrer Handlungen zu spüren bekommen, ist es wichtig, dass bei strafrechtlich relevanten Inhalten unter allen Umständen Strafanzeige erstattet wird.

Die Begriffe „Hass“ und „Hetze“ finden sich im Strafgesetzbuch ausdrücklich nur im Straftatbestand der Volksverhetzung, Paragraf 130 StGB. Aber es gibt noch weitere Straftatbestände, bei denen hasserfüllte Äußerungen eine Rolle spielen können, etwa:

§ 111 StGB Öffentliche Aufforderung zu Straftaten

§ 185 StGB Beleidigung

§ 186 StGB Üble Nachrede

§ 187 StGB Verleumdung

§ 188 StGB Gegen Personen des politischen Lebens gerichtete Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung

§ 240 StGB Nötigung

§ 241 StGB Bedrohung

§ 238 StGB Nachstellung, auch Cyberstalking

§126a StGB Gefährdendes Verbreiten personenbezogener Daten, also Feindeslisten

§192a StGB Verhetzende Beleidigung 

Mehr Schutz für Kommunalpolitiker/innen

Im Gesetzespaket gegen Hass und Hetze wird der Paragraf 188 StGB erweitert, der eine „im politischen Leben stehende Person“ vor übler Nachrede oder Verleumdung schützt. Bisher bezog sich dieser nur auf Bundestags- und Landespolitiker/innen, nun gilt er auch für Kommunalpolitiker/innen. Darüber hinaus wird der besondere strafrechtliche Schutz durch Paragraf 188 StGB vor Verleumdungen und übler Nachrede auch auf Beleidigungen erweitert. Beleidigungen zulasten von Kommunalpolitiker/innen können zukünftig mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden.

Neue Regeln für soziale Medien

Das Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (NetzDG) ist seit dem 1.10.2017 in Kraft. Es wurde eingeführt, um Hasskriminalität, strafbare Falschnachrichten und andere strafbare Inhalte in den sozialen Medien wirksamer zu bekämpfen. Anbieter sind seither in der Verantwortung, etwa über Berichtspflichten (§ 2 NetzDG), außerdem wurde das Einrichten eines Beschwerdemanagements (§ 3 NetzDG) verlangt. Verstöße gegen diese Pflichten können mit Bußgeldern (§ 4 NetzDG) geahndet werden. Das Gesetzespaket gegen Hass und Hetze berührt auch das NetzDG. Soziale Netzwerke müssen künftig strafbare Postings nicht mehr nur löschen, sondern in bestimmten schweren Fällen dem Bundeskriminalamt melden, damit eine strafrechtliche Verfolgung ermöglicht wird. Ein Straftatbestand nach Paragraf 185 StGB, Beleidigung; Paragraf 186 StGB, üble Nachrede; und Paragraf 187 StGB, Verleumdung unterliegt jedoch nicht dieser Meldepflicht. Soziale Netzwerke müssen allerdings Nutzer/innen darüber informieren, wie und wo Strafanzeige und Strafantrag gestellt werden können.

Hausrecht und Hausverbot

Immer häufiger kommt es zu Störungen, Beleidigungen oder Bedrohungen in Gemeinderatssitzungen oder in Dienstgebäuden. Die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister leitet die Verwaltung einer Gemeinde oder Stadt und hat entsprechend der jeweiligen Gemeindeordnung verschiedene Aufgaben, Rechte und Pflichten. Dazu gehört zum Beispiel das Hausrecht. Zum Schutz der Zweckbestimmung einer öffentlichen Einrichtung können Bürgermeister/innen gegenüber Dritten, die als Störer/innen die öffentliche Einrichtung (Rathaus oder sonstige öffentliche Gebäude) betreten, ein Hausverbot aussprechen. In diesem Fall stützt sich das Hausverbot auf Fakten, die in der Vergangenheit den Hausfrieden gestört haben, und wirkt präventiv. Im öffentlich-rechtlichen Bereich ist ein erteiltes Hausverbot ein Verwaltungsakt, der inhaltlich hinreichend begründet sein muss. Wird gegen das Hausverbot verstoßen, kann dies den Straftatbestand des Hausfriedensbruchs (§ 123 StGB) erfüllen. Das Hausrecht steht den Bürgermeister/innen auch in ihrer Funktion als Verhandlungsleitung von Sitzungen zu. Gibt es Störer, die den Ablauf von Sitzungen hindern, liegt ein Verstoß gegen die Ordnung vor, und die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister kann einschreiten und Maßnahmen (zum Beispiel Ermahnung, Sitzungsausschluss) treffen, damit die Ordnung wiederhergestellt wird. Dabei ist auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu achten.